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7. September 2009
„Lärm war ein Schock"
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Rheinpfalz-Interview mit Thorsten Brieskorn

Aufgrund des Erdbebens in Landau hat die Rheinpfalz ein Interview mit Thorsten Brieskorn von der Bürgerinitiative geführt:
Im Neustadter Ortsteil Duttweiler kämpft eine Bürgerinitiative (BI) gegen ein Erdwärme-Kraftwerk, das knapp 200 Meter vom Ortsrand entfernt, aber auf Altdorfer Gemarkung in der Verbandsgemeinde Edenkoben errichtet werden soll. Die Initiative hat 25 aktive Mitglieder, weiß aber das ganze Dorf hinter sich. Redakteur Sebastian Böckmann sprach mit Thorsten Brieskorn (38), dem Sprecher der BI.
Herr Brieskorn, haben Sie sich über die Erdbewegungen in Landau gefreut, die ja vermutlich mit dem dortigen Erdwärme-Kraftwerk zusammenhängen?
Gefreut nicht, ich war überrascht, schockiert. Uns ist immer gesagt worden, da kann nichts passieren. Wir sind ja auch nicht gegen Geothermie, sondern halten den Standort bei Duttweiler für ungeeignet. Jetzt, wo der Zusammenhang zwischen dem Landauer Erdwärme-Kraftwerk und dem Beben mehr oder weniger bestätigt ist, kann das nicht ohne Konsequenzen für den Standort Duttweiler bleiben. Das Landesamt für Geologie und Bergbau muss seine Bohrgenehmigung noch mal sehr genau prüfen.
Das Beben ist also durchaus eine Argumentationshilfe?
Nein, das würde ich so nicht sagen. Aber es hilft aufgrund des öffentlichen Interesses, für mehr Transparenz zu sorgen und eine Diskussion über den Standort aufzuwerfen. Die Frage ist doch: Muss so etwas so nah an einem Wohngebiet sein? Das gilt besonders für Duttweiler, weil hier keine Nahwärmeversorgung geplant ist, sondern nur Stromerzeugung.
Was sind denn Ihre Hauptargumente gegen den Standort so dicht beim Dorf?
Vor allem der zu erwartende Lärm. Die Bürgerinitiative ist so richtig in Gang gekommen, als einige von uns sich das Landauer Kraftwerk angesehen haben. Der Lärm hat uns schockiert. Er war noch in mehreren hundert Metern Entfernung zu hören.
Was hört man denn derzeit so, wenn man nachts bei offenem Fenster im Bett liegt?
Wenig. Naturgeräusche, Grillenzirpen und Blätterrauschen - nachts herrscht bei uns ländliche Ruhe.
Der Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD), Hans-Jürgen Seimetz, sagt aber doch, dass das Kraftwerk Grenzwerte einhalten müsste, die der Lautstärke von Wind in den Bäumen entsprechen?
Mag sein. Wenn man dicht dran steht, kann ja auch Blätterrauschen ganz schön laut sein, aber bei so einem Kraftwerk geht es um ein dumpfes Dauerbrummen wie von einem Dieselgenerator oder Lastwagen. Und zwar 24 Stunden lang, 365 Tage im Jahr. Das ist mit Naturgeräuschen oder gelegentlichem Lärm aus der Landwirtschaft überhaupt nicht zu vergleichen. Die Stadt hat den Ist-Zustand gemessen. Das Kraftwerk würde eine Verdoppelung des Lärms bringen, aber vor allem eine ganz andere Qualität der Geräusche.
Finden Sie, dass die SGD mit dem Thema angemessen umgegangen ist?
Absolut nicht. Die SGD hat den Standort rein nach raumplanerischen Gesichtspunkten beurteilt, aber die Bedürfnisse der Menschen kommen da nicht vor. Die SGD war überhaupt nicht flexibel und hat auf die Forderung der Stadt Neustadt, die ein Raumordnungsverfahren zur Untersuchung von Alternativstandorten beantragt hat, überhaupt nicht reagiert. Herr Seimetz hatte dazu selbst eine mündliche Zusage gemacht, die er dann nicht mehr eingehalten hat. Wir sind froh, dass die Stadt uns sehr gut unterstützt. Von der Verbandsgemeinde Edenkoben kann man das nicht behaupten. Die hat den Standort bei Duttweiler beantragt, ist aber nicht bereit, auf unser Anliegen einzugehen.
Kennen Sie die anderen Standorte, die ebenfalls für Erdwärme-Gewinnung in Frage kommen sollen? Welchen fänden Sie besser?
Jeden, der relativ weit weg von jeder Wohnbebauung ist. Die Firma Geoenergy hatte zu Beginn geeignetere Orte in Betracht gezogen. Die stehen allerdings in Konflikt mit Zielen der Raumordnung und werden von der SGD ausgegrenzt. Wir haben einen Standort im Dreieck zwischen Duttweiler, Altdorf und Geinsheim vorgeschlagen, Geoenergy scheint allerdings nicht mehr bereit zu sein, über andere Standorte zu reden.
Was sagt das Unternehmen denn zum Thema Lärm?
Wir haben uns mehrfach mit Vertretern des Unternehmens getroffen. Die haben immer von maximal 32 Dezibel aufgrund des Kraftwerks gesprochen, waren aber nicht bereit, das durch ein Lärmgutachten zu belegen. Interessanterweise hat das Unternehmen ja auch den Termin am Dienstag im Neustadter Stadtrat verstreichen lassen, wo es eigentlich seine Lärmprognose vorstellen wollte. Offenbar ist es doch nicht so einfach.
Ganz persönlich: Sind Sie eher für Erdwärme-Nutzung oder für längere Laufzeiten bei Atomkraftwerken?
Ich bin sehr offen für alternative Formen der Energieerzeugung. Ich bin selbst Ingenieur und halte Erdwärme wirklich für top, aber halt nur dort, wo sie sinnvoll ist. Man darf ja nicht vergessen: Die bei Duttweiler geplante Anlage rechnet sich nur wegen der garantierten Stromabnahme zu einem vergleichsweise hohen Preis, also durch Subvention. Den Medienberichten zufolge ist es für den Rheingraben generell noch fraglich, ob Geothermie überhaupt wirtschaftlich ist.

Pressespiegel
„Lärm war ein Schock" Die Rheinpfalz, 7. September 2009