
Vor 23 interessierten Zuhörern las Jochen Litzka im Dorfgemeinschaftshaus Duttweiler die Seiten 50 bis 65 aus dem Buch "Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus" vor.
In einer kleinen Einleitung erzählte Litzka was bisher geschah und referierte über die Hintergründe der Veranstaltung. Nach der mit viel Beifall bedachten Lesung gab im Auditorium bei einem Glas Wein noch einige interessante Diskussionen zum Inhalt des Buches
Viele tausend Menschen in der Metropolregion Rhein-Neckar sollen zeitgleich, gemeinsam, ganz individuell ein Buch lesen. In der Straßenbahn, mit ihren Freundinnen und Freunden, in der Schule, zu Hause oder ganz woanders.
Eben, ein anderes literarisches Erlebnis. Ein Buch, das jeder liest, das einem überall begegnet, soll so nicht nur Gesprächsthema werden, sondern auch spannender Ausgangspunkt für viele neue Begegnungen:
Leseabende und -nächte, Wettbewerbe und Theateraktivitäten, Literaturbusfahrten und Ausstellungen, Vorträge und vieles andere mehr.
Auf diese Weise präsentiert sich die Metropolregion Rhein-Neckar nicht nur als ein traditionell bedeutender Kultur- und Wirtschaftsstandort, sondern auch als eine gemeinsame Leselandschaft.
Zunächst machte die Bevölkerung der Region im Januar und Februar 2005 über 700 Vorschläge in den öffentlichen Bibliotheken der Metropolregion. Aus diesen vielen Vorschlägen wurde dann in einem zweistufigen Auswahlverfahren F.C. Delius "Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus" zum "Buch im Dreieck" gekürt.
In Neustadt wird das Buch in verschiedenen Etappen vorgelesen. Die "Reise" beginnt im Ratssaal mit Oberbürgermeister Hans Georg Löffler und führt dann durch die neun Weindörfer. Am 11. März 2006 liest Jochen Litzka die Seiten 50 bis 65 im Dorfgemeinschaftshaus Duttweiler.

Wir schreiben das Jahr 1981. "In der Mitte seines Lebens" beschließt der DDR-Bürger Paul Gompitz, wohnhaft in Rostock, "das Land, um bleiben zu können, zu verlassen". Er träumt schon lange davon, auf den Spuren von Johann Gottfried Seume nach Syrakus auf der Insel Sizilien zu reisen. Doch der Weg nach Italien ist versperrt durch die höchste und ärgerlichste Grenze der Welt: die Mauer. Dabei plant er doch gar keine "Republikflucht", sondern er will wiederkommen, denn er gehört einfach in dieses Land. Aber Paul Gompitz ist weder Rentner noch Funktionär und so bleiben ihm nur zwei Wege: der amtliche und der abenteuerliche. Der erste scheidet wegen der unnachgiebigen Reisebestimmungen aus und so kommt nur der zweite in Frage: Über sieben Jahre trifft er akribische Vorbereitungen, um seinen Plan Schritt für Schritt zu verwirklichen. Er wird Mitglied in einem Segelclub, macht den Segelschein, recherchiert die geeignete Route, studiert meteorologische Karten trainiert mit seiner Jolle, die er sich gekauft hat, während er als Kellner auf Ausflugsschiffen sein Geld verdient, das er mit List über die Grenze schmuggelt. Immer darauf bedacht nicht aufzufallen. Keiner weiß von seinem Plan. Nicht einmal seine Frau, die er nicht in Konflikte bringen will. (Er möchte sie ja nicht verlassen, sondern nur ein paar Monate verreisen.) Das alles ist mit hunderterlei Schwierigkeiten verbunden, zumal er mit ständigen Bespitzelungen rechnen muss. Außerdem plant er seinen illegalen Grenzübertritt so, dass er nicht wegen "schweren", sondern nur wegen "einfachen Grenzdurchbruchs" belangt werden kann.
Das Unterfangen gelingt schließlich nach sieben Jahren, zunächst einmal über den Westen Deutschlands. Und wer hätte es gedacht: Dieser ist ihm ziemlich fremd. Spitzbübisch schlägt sich Paul Gompitz durch die fremde Republik und nimmt schließlich den Zug, um über Wien, Triest, Rom und Neapel nach Syrakus zu reisen - er hat die Geduld nicht mehr, sein Projekt ein Jahr lang zu Fuß durchzuziehen. Heimweh treibt ihn schließlich wieder zurück von dieser Reise mit Höhen und Tiefen - direkt in die Arme der Stasi, die ihn nach einer Quarantänezeit im Übergangslager wieder nach Hause nach Rostock entlässt.